Eine Verbindung von Kunst und Wissenschaft
Die Villa North am Millstätter See wurde im 19. Jahrhundert erbaut und war ursprünglich als „Villa im Bärenfelde“ bekannt. Sie diente einst als Wohnsitz des Ornithologen und Sammlers Julius Finger. Im 20. Jahrhundert ging die Villa in den Besitz von Prof. Dr. Peter North, einem renommierten Architekten und Designer, über und ist heute ein lebendiges Zeugnis der engen Verbindung von Wissenschaft und Kunst. Die Villa beherbergt unter anderem ein vielseitiges Archiv und ein abwechslungsreiches Kulturprogramm.
Wer war Julius Finger?
Die um 1878 von Julius Finger erbaute Villa diente dem bedeutenden Wiener Ornithologen als Rückzugsort und Zentrum seiner wissenschaftlichen Studien. Julius Finger wurde am 30. Juni 1826 in Wien geboren und wuchs in einer wohlhabenden Familie auf. Obwohl er eine Laufbahn als Buchhalter einschlug und bis 1887 bei der 1. Wiener Sparkasse arbeitete, widmete er sich mit großer Leidenschaft der Ornithologie und der Jagd.
Die wachsende Stadt und die drohende Industrialisierung seines Heimatbezirks Unter-Meidling veranlassten ihn 1891, den Füchselhof und damit die Stadt zu verlassen. In der Villa im Bärenfelde in Millstatt fand Julius Finger die ersehnte Ruhe und Inspiration, um seine ornithologischen Studien fortzusetzen.
Ein Rückzugsort für die Wissenschaft
Die Villa im Bärenfelde ließ Julius Finger nach seinen eigenen Vorstellungen errichten. Eingebettet in die Landschaft rund um den Millstätter See in Kärnten, bot ihm die Umgebung genügend Ruhe und Inspiration für seine wissenschaftliche Arbeit und seine Sammlungen.
Julius Finger war bekannt für seine außergewöhnliche Vogelsammlung, die nicht nur heimische Arten, sondern auch seltene Exemplare aus verschiedenen Teilen des Kaiserreiches umfasste. Er war nicht nur ein leidenschaftlicher Sammler, sondern auch ein versierter Präparator.
Seine naturgetreuen Darstellungen der Präparate brachten ihm in der ornithologischen Gesellschaft viel Anerkennung und Bewunderung ein. 1876 schenkte er seine umfangreiche Sammlung von 282 Vogelarten und 483 Exemplaren dem Naturhistorischen Hof-Museum in Wien. Diese Sammlung ist noch heute Bestandteil des Museums.
Naturforscher und Künstler
Neben seiner Arbeit als Ornithologe war Julius Finger ein talentierter Künstler und pflegte Kontakte zu bekannten Persönlichkeiten wie dem Maler Hans Makart. Seine Leidenschaft für die Natur zeigte sich so nicht nur in seiner wissenschaftlichen Arbeit, sondern auch in seinem künstlerischen Schaffen. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Julius Finger in der Villa bis er am 19. Dezember 1894 in Millstatt verstarb.
Das Erbe von Peter North
Nach Julius Fingers Tod wurde die Villa von der Familie North geerbt und trägt seitdem deren Namen. Bis in die frühen 2000er Jahre wurde das Gebäude u.a. als Gästehaus inklusive Wirtsstube betrieben. Immer wieder wohnten und besuchten Künstler:innen und Wissenschaftler:innen, wie z.B. der Dirigent Franz Marschallek sowie der Wiener Maler Hans Hanko die Villa in Kärnten und nutzten diese als Arbeits- und Inspirationsort.
Prof. Dr. Peter North, der älteste Sohn der Familie North, übernahm nach dem Tod seiner Mutter das Haus und belebte dieses von Mai bis Oktober. Die restliche Zeit des Jahres verbrachte der renommierte Professor und Zeichner unter anderem in den USA, Kolumbien und Mexiko. Auch Peter North war ein leidenschaftlicher Sammler, der von seinen unzähligen Reisen und wechselnden Lebensmittelpunkten Gegenstände, Literatur und Fotografien in die Villa mitbrachte.
VILLA NORTH als Inspirationsort
Seit dem Tod Peter Norths im Juni 2021, wird das Haus von den beiden Künstler:innen Laurien Bachmann und Sebastian Six genützt und fungiert nun wieder für Kunst und Kulturschaffende aus der ganzen Welt als Arbeits- und Inspirationsort.
Für diesen Zweck wurde der gemeinnützige Kunstverein „Villa North“ gegründet, der an der Schnittstelle zwischen Künstler:innen, Autor:innen und Theoretiker:innen agiert. Er bildet ein offenes Forum für künstlerischen und wissenschaftlichen Austausch in der nationalen und internationalen Kunst- und Kulturszene.
Im Zentrum der VILLA NORTH steht nun ein umfassendes Archiv aus der Geschichte des Hauses und des Design-Professors Peter North. Mit dem Zugang zu über 10.000 Digitalisaten, welche von historischen Objekten über analoge Fotografien bis hin zu mehrsprachiger Fachliteratur reichen, fördert der Verein einen interdisziplinären Diskurs zwischen Wissenschaft und Kunst.